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HMSN Typ 1 wird autosomal dominant vererbt und macht gut 2/3 aller HMSN-Fälle aus.

 

Typ 1A:

Mit ca. 60 bis 70% aller HMSN-Betroffenen mit Typ 1 handelt es sich beim Subtyp 1A um die am häufigsten vorkommende Form der HMSN. Die Ursache für diesen Subtyp ist eine Duplikation des PMP22-Gens auf Chromosom 17. Duplikation bedeutet, dass es drei Kopien des PMP22-Gens gibt anstatt zwei Kopien, wie es bei einem gesunden Menschen der Fall ist. Normalerweise gibt es auf jedem Chromosomenpaar eine Kopie dieses Gens. Im Falle der HMSN 1A finden sich jedoch auf einem Chromosomenstrang 2 Kopien des PMP22.

PMP22 steht als Abkürzung für peripheres Myelinprotein und ist die Schutzschicht des Nervs. Es wird in den Schwannschen Zellen gebildet und gewährleistet, dass die Nervenimpulse vom Gehirn und Rückenmark zu anderen Bereichen im Körper transportiert werden können. Warum das PMP22 HMSN verursacht, ist noch unbekannt.

Typischen Beschwerden bei HMSN 1A:

Erste Symptome treten meist in der Kindheit auf, die Kinder können nicht so schnell laufen, fallen öfters hin und der Fersengang ist nicht möglich. Fußdeformationen können entstehen (Hohlfüße), die Zehen entwickeln eine Krallenstellung. Hand- und Fußmuskulatur baut ab und atrophiert. Die Sensibilität in den unteren Extremitäten (Unterarme und Unterschenkel) ist gestört. Die schwere dieser Symptome ist individuell verschieden, die Varianz reicht von kaum vorhanden bis schwer betroffen. Viele Betroffene nutzen Orthesen (Schienen) zur Verbesserung der Stabilität beim Laufen, Patienten werden aber in der Regel nicht rollstuhlpflichtig. Die Lebenserwartung ist nicht eingeschränkt.

 

Typ 1B:

Dieser Typ wird durch einen Defekt des MPZ-Gens auf Chromosom 1 verursacht. Auch beim MPZ handelt es sich um ein peripheres Myelinprotein, seine Aufgabe ist jedoch noch unbekannt. Typ 1B  wird auch autosomal-dominant vererbt.

Auch bei Typ 1B variiert die Schwere der Erkrankung von sehr schweren Form mit sehr frühem Beginn (Kleinkindalter) bis hin zu sehr milden Verläufen, die erst später beginnen.

Typ 1C:

Vor kurzem wurde von Forschern der Universität Washington Chromosom 16 als Genort für die HMSN 1C identifiziert. Dieser Typ wird auch autosomal-dominant vererbt, Betroffene leiden unter distaler Schwäche, Atrophien, Sensibilitätsstörungen, die NLG ist vermindert. Aufgrund der Seltenheit gibt es ansonsten kaum Informationen zum klinischen Krankheitsbild.

Typ 1D:

Dieser Typ wird durch das early groth response protein 2, abgekürzt ERG2, verursacht, welches auf Chromosom 10 gefunden wurde. Die Vererbung ist autosomal dominant.

Der Verlauf von 1D ist in den meisten Fällen sehr schwer, es wurden aber auch milderer Verläufe mit späterem Beginn beschrieben.

 

Typ 1E:
Dieser Typ wird durch eine Punktmutation im PMP22-Gen verursacht . Betroffene dieses Typs haben oft einen früheren Beginn und schwerwiegendere Symptome als Betroffene mit Typ 1a. Die Nervenleitgeschwindigkeit ist meist signifikant reduziert, normal sind Werte von weniger als 10 m/s (zum Vergleich: die NLG im Arm eines gesunden Menschen liegt bei >50 m/s).
Kinder mit diesem Typ erlernen das Laufen innerhalb der ersten zwei Lebensjahre oft verspätet. Viele Betroffene benötigen Hilfsmittel wie Gehilfe und Rollstuhl sehr viel früher als Betroffene mit Typ 1a.

Typ 1E ist eine sehr seltene Form und betrifft höchstens 1% aller Betroffenen.

 

Typ 1F:

Bei Typ F handelt es sich um einen autosomal-dominanten Erbgang, der sehr selten vorkommt. Der Defekt liegt auf Chromosom 8  (Leichtketten- Neurofilament).

 

Typ 1X:

Bei Typ 1X handelt es sich um die zweithäufigste Form der HMSN, die ca. 10 bis 16% aller Fälle ausmacht.

Auslöser ist ein Defekt des GJB1 (Gap Junction Beta 1), der auf dem X-Chromosom zu finden ist, einem der beiden Geschlechtschromosomen.

Typ 1X beginnt in der Kindheit oder Jugend, Männer sind meist schwerer betroffen als Frauen. In der älteren Literatur werden Frauen als Überträgerinnen ohne Krankheitssymptome beschrieben, inzwischen weiß man aber, dass auch Frauen betroffen sein können. Die Varianz reicht hier von milden bis hin zu sehr schweren Verläufen.

Die Besonderheit von Typ 1X liegt in der Vererbung. Männer mit HMSN 1x können den Defekt nicht an ihre Söhne vererben, sie geben den Defekt aber immer an ihre Töchter weiter. Bei Frauen mit HMSN 1X liegt die Wahrscheinlichkeit, den Defekt an ihre Söhne und Töchter zu vererben, gleichermaßen bei 50%.

 

Inzwischen hat man noch weitere Gendefekte ausgemacht, die nur auf dem X-Chromosom liegen. Man vermutet, dass über 400 Mutationen diesen Typ auslösen können. Derzeit unterscheidet man je nach vorliegendem Gendefekt auf dem X-Chromosom zwischen Typ 1X ,Typ 2X, Typ 3X und Typ 4X beschrieben.

Inwieweit sich Typ 2X bis 4X im Verlauf und von der Symptomatik her unterscheiden, ist zur Zeit nicht zu beschreiben, da sich hierzu kaum Beschreibungen finden.